Kommunikation findet normalerweise in sozialen Interaktionen statt, oder zwischen zwei (oder mehr) Personen. Allerdings wurden in den meisten bisherigen Kommunikationsstudien immer nur Einzelpersonen beim Sprechen oder Zuhören betrachtet, ohne visuelle Signale oder Interaktion. Um solche Studien realistischer zu gestalten bezüglich Kommunikation im echten Leben, müssen wir Menschen in sozialen Interaktionen betrachten, indem wir sie miteinander kommunizieren lassen.
Cordula Vespers Arbeit bezüglich sozialer Interaktion
Wissenschaftlerin Dr. Cordula Vesper tut genau das. Sie kommt ursprünglich aus Deutschland und arbeitet als Universitätslektorin in Aarhus in Dänemark. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie Menschen sich in sozialen Interaktionen verhalten.
Ich habe Vesper in Aarhus besucht, um zu besprechen, inwieweit unsere Forschungsfelder sich decken oder voneinander abweichen. In unserer Unterhaltung waren wir uns einig, dass eine interdisziplinäre Herangehensweise, die mehr als nur eine Richtung kombiniert, ausschlaggebend ist. Dieser Ansatz fördert einen weitgehenden Blick, der hilfreich sein kann, um Wissenslücken zu überbrücken. Dies wird möglich, indem man über seine eigene Expertise hinausschaut und andere Konzepte und Wege versteht, um Fragen aus dem Blickwinkel als mehr als nur einer Disziplin anzupacken. Vesper zum Beispiel betrachtet ihre Forschung aus verschiedenen Forschungsdisziplinen, wie Psychologie, Kognitive Wissenschaft, und Semiotik (Zeichenlehre). Dies ermöglicht es ihr, Verhalten und dessen zugrundeliegenden kognitive Mechanismen zu untersuchen.
Ein Beispiel von Vespers Arbeit ist zu untersuchen, wie Menschen Anweisungen für Aktionen kommunizieren ohne zu sprechen, wie zum Beispiel um Objekte zu bewegen. In einer ihrer Studien muss eine Person (Leader) mit einer anderen Person (Follower) kommunizieren, wie bestimmte Objekte bewegt werden sollen, ohne dabei zu sprechen. In solchen Interaktionen kann sogar etwas Kleines und Spezielles wie die Form einer Hand hilfreich sein, die Intention der anderen Person zu verstehen. Dies zeigt, dass visuelle Signale relativ viel Information überbringen, sogar ohne jeglichen Sprachgebrauch!
Genau wie Vesper untersuche ich Kommunikation in sozialen Interaktionen. Ein großer Unterschied zwischen unseren Ansätzen ist, dass ich den Körper während des Sprachgebrauchs betrachte. Ich untersuche, ob Gesichts Signale zur Kommunikation im Dialog beitragen. Um diese Frage zu beantworten, zeichne ich spontane Unterhaltungen auf und analysiere sie. Ich benutze auch Avatare (virtuelle Charaktere), die es mir ermöglichen zu kontrollieren, welche visuellen Signale benutzt werden und zu welcher Zeit. So kann ich testen, ob spezielle visuelle Signale hilfreich sind, um Fragen von Aussagen zu differenzieren. Sind Leute eventuell besser darin, eine Frage nach Information zu erkennen, wenn der Avatar die Augenbrauen bewegt? Bisher habe ich herausgefunden, dass Fragen einfacher erkannt werden, wenn sich die Augenbrauen bewegen. Dies zeigt, dass visuelle Signale im Gesicht dazu beitragen können, spezielle Intentionen zu signalisieren.
Zukünftige Richtungen für dieses Forschungsfeld
Vesper und ich sprachen über die Kompromisse, die einhergehen mit dem Erforschen von Kommunikation in natürlichen Szenarien, repräsentativ für Kommunikation im echten Leben: Je realistischer eine Studie ist, desto undeutlicher und schwieriger zu kontrollieren wird sie, und andersherum. Es ist eine Herausforderung, Studien zu planen, die präzise sind und es uns ermöglichen, genaue Informationen zu gewinnen, aber gleichzeitig nicht zu unrealistisch sind. Der Schlüssel ist, einen guten Mittelweg zu finden. In ihrem neuen Motion-Tracking-Labor benutzt Vesper Marker, um Körperbewegungen aufzuzeichnen, anstatt sich auf automatische Software zu verlassen. Sie sagt, diese Marker müssen manuell auf dem Körper platziert werden, was zwar mehr Zeit benötigt, aber die Bewegungen verlässlicher aufzeichnet. Ähnlich sind die Avatare in meiner eigenen Studie zwar virtuell, aber ihre Bewegungen basieren auf dem natürlichen Verhalten realer Menschen. Dies ermöglicht es uns erneut, genau zu kontrollieren, was wir in Studien zeigen, aber gleichzeitig so nah wie möglich am echten Leben zu bleiben.
Zukünftige Forschung basierend auf verschiedenen Herangehensweisen und Methoden wird uns helfen, genau feststellen zu können, wann visuelles Verhalten zur Kommunikation beiträgt. Wir glauben, es wäre ergebnisreich, neue Disziplinen zusammenzubringen, um visuelles Verhalten mit und ohne Sprache in verschiedenen Szenarien mit mehr oder weniger Kontrolle zu betrachten. Es könnte sein, dass die Art und Weise, in der wir unseren Körper bewegen, in manchen Kontexten wichtig ist, aber in anderen nicht. Vesper sagt, dass Kommunikation bisher meistens untersucht wurde in Situationen, in denen Leute versuchen zu kooperieren. Sie schlägt Forschung in konkurrierenden Situationen vor, wie zum Beispiel ein Fußballspiel oder andere Wettkämpfe, wo Menschen nicht immer versuchen zu kooperieren. Dies würde nützliche Einblicke bieten bezüglich der Frage, ob Bewegung während der Kommunikation eine flexible Strategie ist. Zukünftige Forschung könnte ebenfalls vergleichen, wie Menschen aus verschiedenen Kulturen visuelle Signale benutzen. In der Maya Kultur wird Augenkontakt zum Beispiel als unhöflich angesehen. Wie unterscheidet sich dann das visuelle Verhalten der Maya von unserem westlichen? Letztendlich könnte solche Arbeit uns verraten, wie ein sozialer Roboter (siehe zum Beispiel Sophia, ein Roboter, der für Krankenpflege kreiert wurde) in Aussehen und Verhalten mehr einem echten Menschen ähneln kann.
Wissenschaftliche Artikel
- Vesper, C., Morisseau, T., Knoblich, G., & Sperber, D. (2021). When is ostensive communication used for joint action? Cognitive Semiotics, 14(2), 101–129. https://doi.org/10.1515/cogsem-2021-2040
- Vesper, C., & Sevdalis, V. (2020). Informing, Coordinating, and Performing: A Perspective on Functions of Sensorimotor Communication. Frontiers in Human Neuroscience, 14. https://www.frontiersin.org/article/10.3389/fnhum.2020.00168
- Pezzulo, G., Donnarumma, F., Dindo, H., D’Ausilio, A., Konvalinka, I., & Castelfranchi, C. (2019). The body talks: Sensorimotor communication and its brain and kinematic signatures. Physics of Life Reviews, 28, 1–21. https://doi.org/10.1016/j.plrev.2018.06.014
Autor: Naomi Nota
Redakteur: Candice Frances
Niederländische Übersetzung: Julia von der Fuhr
Deutsche Übersetzung: Natascha Roos
Endredaktion: Sophie Slaats