Auch schon rausgezoomt während des Videoanrufs?

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Stell dir vor, dein Bildschirm friert ein und deine Freunde oder Kollegen klingen plötzlich wie Roboter. Du möchtest reden, bist dir aber nicht sicher wann du anfangen kannst, ohne jemanden zu unterbrechen. Es wird unbehaglich still. Dein Bildschirm wird schwarz.

Zu Zeiten der Covid-19 Pandemie findet Kommunikation von Angesicht zu Angesicht hauptsächlich durch Videoanrufe statt, während Menschen ihre Wohnungen nicht unnötig verlassen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Um auch weiterhin in Kontakt bleiben und arbeiten zu können, haben viele Menschen weltweit ihren persönlichen Umgang miteinander durch einen virtuellen Umgang ersetzt, zum Beispiel mit der Hilfe von Videokonferenz-Apps wie Zoom, Skype, Google Hangouts, etc. Auch Kommunikations Apps am Arbeitsplatz wie ´Slack´ und ´Teams´ sind jetzt wichtiger als je zuvor.

Obwohl diese Plattformen großartig zum Kontakthalten sind, gibt es auch einige bekannte Schattenseiten. Beispielsweise Probleme mit den Datenschutzregelungen, schlechte Verschlüsselung der Datenverbindung, welche dazu führen kann, dass Web-Trolle sich zu Gruppen-Anrufen einladen können, die Qualität des Videoanrufs, eine Beschränkung der Anrufzeit oder selbst der Teilnehmerzahl, oder zusätzliche Kosten für die verschiedenen (bezahlten) Account Varianten. Vielleicht habt ihr auch gemerkt, dass die Kommunikation per Videoanruf mental viel anstrengender ist als die normale Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Aber warum ermüden uns Videokonferenzen so sehr?

Virtuelle Kommunikation kann anstrengend sein für das Gehirn
Hierbei wichtig zu wissen ist, dass jede Art der Kommunikation Konzentration erfordert, sei es von Angesicht zu Angesicht oder online. Diese Konzentration ist notwendig, um die Bedeutung der Botschaft des Gesprächspartners zu entschlüsseln. Menschliche Kommunikation besteht aus mehr als nur Sprache, denn wir können zusätzliche Bedeutung auch aus nonverbalen* Signalen ziehen, beispielsweise aus Mimik, Blicken, Gesten und verschiedenen Körperhaltungen. Diese Hinweise helfen uns zu erkennen und zu verstehen, was unser Gesprächspartner uns versucht zu übermitteln, sodass wir unsererseits eine gute Reaktion darauf vorbereiten können.

Allerdings sind Videoanruf-Systeme von Haus aus verzögert oder verzerrt, und die Synchronisierung von Bild und Ton sorgt für zusätzliche Störungen. Gesprächspartner werden nur von ihren Schultern aufwärts abgebildet, was die Menge an Signalen begrenzt, die wir sonst von ihren Körpern wahrnehmen könnten. Dies alles macht es schwieriger nonverbale Signale zu begreifen. Deswegen beansprucht diese Form der Kommunikation mehr Konzentration von uns als die normale Interaktion von Angesicht zu Angesicht. Noch herausfordernder sind Konferenzen, an denen mehrere Parteien teilnehmen, was zu mehreren Bildschirmen in der Galerieansicht führt. Diese zwingen das Gehirn die nonverbalen Reize von mehreren Personen gleichzeitig zu entziffern, woran das Gehirn häufig scheitert. Das Ergebnis hiervon sind weniger gemeinschaftliche Gruppen-Anrufe als mehr Gespräche zwischen zwei Personen, bei denen der Rest nur noch zuhört, da andere gleichzeitige Konversationen nicht möglich sind. Alle diese Aspekte resultieren darin, dass Menschen sich hinter ihren Bildschirmen isolierter, verunsicherter und vom Gespräch ausgeschlossen fühlen, was schlussendlich zu erschöpften Gesprächspartnern führt. Überdies beeinflussen diese Aspekte die Meinung der Zuhörer über ihre Gesprächspartner: Gesprächspartner werden als weniger aufmerksam, freundlich, oder aktiv wahrgenommen, wenn es lange Pausen zwischen verschiedenen Sprechern gibt.

Selbstverständlich gibt es noch andere Faktoren, die seit der vielfältigen Einschränkung unserer Lebensweise durch die Ausgangsbeschränkungen, potenziell eine Rolle in der wahrgenommenen Erschöpfung der Menschen spielen könnten. Beispielsweise finden verschiedene Aspekte unseres Lebens nun alle am selben Ort statt, die normalerweise in getrennten Kontexten geschehen (man nehme Arbeits- und Privatleben). So treffen soziale Rollen aufeinander, denen wir für gewöhnlich an verschiedenen Orten gerecht werden. Wir erfahren weniger Abwechslung in unserer Umwelt sowie in sozialen Interaktionen, und erleben mit größerer Wahrscheinlichkeit generell mehr negative Gefühle. Obwohl Videokommunikation mehr mentale Erschöpfung generiert, hilft sie auch ein Gefühl von Miteinander während der Pandemie zu schaffen, was es uns ermöglicht Beziehungen aufrecht zu erhalten und mit unserer Familie, unseren Freunden und Kollegen in Kontakt zu bleiben.

Aber wie können wir diese mentale Erschöpfung während Videokonferenzen bewältigen?  Zunächst kann man die Qualität seiner Videoanrufe verbessern, indem man für eine stabile Verbindung sorgt. Auch kann man ein Headset verwenden, um Echos zu vermeiden, oder seinen Laptop auf einen Stapel Bücher stellen. Die eigene Konzentration kann man zum Beispiel verbessern, indem man seinen Bildschirm seitlich zu sich stellt, anstatt von direkt vor sich, und indem man Pausen während und zwischen den Konferenzen einbaut. Man kann Konferenzen auch komplett ohne Kamera halten, um zu verhindern, dass man von Signalen überwältigt wird. So spart man Energie für die Momente, in denen man wirklich nonverbale Signale interpretieren muss. Zu guter Letzt kann man versuchen seine Videokonferenzen auf die unbedingt erforderliche Anzahl zu beschränken, und stattdessen Dateien mit seinen Notizen teilen (schaut euch dazu diese Seite an für Tipps). Auch wenn die perfekte Lösung nicht existiert, gibt es doch viele kleine Möglichkeiten, um Videoanrufe etwas angenehmer zu gestalten.

 

Fußnote
Der Begriff ’nonverbale Kommunikation‘ wird hier der Einfachheit halber benutzt um auf die nicht verbalen Aspekte menschlicher Kommunikation zu verweisen, wie beispielsweise Gesichtsausdruck, Handgesten, und Körperbewegung. Diese visuellen Signale werden zusammen mit verbaler Kommunikation oder Zeichensprache auch multimodale Kommunikation genannt.

 

Lest weiter
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Autorin: Naomi Nota
Redakteurinnen: Francie Manhardt, Melis Çetinçelik
Niederländische Übersetzung: Ava Creemers
Deutsche Übersetzung: Bianca Thomsen
Endredaktion: Merel Wolf